Freitag, 4. Dezember 2020

 Barbaratag


Vor einigen Jahren wollte sich in mir absolut keine Weihnachtsstimmung einstellen. Die ersten Fenster in der Nachbarschaft waren bereits weihnachtlich geschmückt und einige hatten bereits üppige Vorgarten- und Fensterbeleuchtung installiert. Mit Unbehagen dachte ich an den 4. Dezember, an den Barbaratag. Dabei hatte ich mich lange so sehr darauf gefreut. Schon Anfang des Jahres hatte ich mich für ein Adventsfenster des Dorfkalenders angemeldet. Seit 14 Jahren wurde es hier im Ort zelebriert. Meine Anmeldung war die erste und ich konnte mir somit ein Datum aussuchen und wählte den Tag der Heiligen Barbara. . . Schon immer wollte ich gerne daran teilnehmen, hatte aber nie die Zeit dafür gefunden. - Jetzt war es fast so weit und ich war auf einmal so lustlos . . . Nun, ich hatte zwar eine Vorstellung davon, wie das Fenster aussehen sollte und auch einen Vortragstext vorbereitet, aber die Gestaltung des Fensters schob ich immer weiter hinaus. Plätzchen mussten auch noch gebacken werden. . . Am 30. November war ich mit einem etwa 10jährigen Nachbarsmädchen zum Backen verabredet. Ihre Mama und noch eine Freundin wollten mir helfen bei Ausschenken während der Adventsfensteröffnung. Bei mir war noch nichts adventlich dekoriert und ich dachte mir, wenn nun das Mädel kommt, sollte doch wenigstens das Küchenfenster ein wenig weihnachtlich aussehen, um eine entsprechende Atmosphäre zu schaffen. Gedacht, getan.


Gegen 15h trudelte sie bei mir ein. Ich hatte keinen Teig vorbereitet. Erfahrungsgemäß wollen die Kinder in dem Alter alles gerne selber machen. So war ich nur die „Co-Bäckerin“ oder auch Hilfskraft. . . Mit Feuereifer ging es vorwärts. Wir sangen dazu, erzählten uns, lachten gemeinsam und ihre kleinen Hände waren flink und nur beim Kneten habe ich geholfen. Inzwischen waren etliche Bleche Plätzchen gebacken. Bei einigen kam Zuckerguss drauf und wurden mit Schokoladenstreusel bestreut. Um 18h sollte ich sie wieder nach Hause bringen. Es reichte noch, um Ubongo zu spielen und sogar noch einige Fotos in einem dicken Buch anzuschauen, die die Erde von oben zeigen. . . Es war ein sehr schöner Nachmittag, abends bei guter Stimmung habe ich meine Adventsdekoration fortgesetzt und endlich war auch der Advent in mein Herz eingezogen. Nun ging es aber mit Volldampf an die Umsetzung des Adventsfensters . . . Maße: 112 x 135 cm . . . aus Fotokarton und Transparentpapier. Der Rahmen war am schwersten, weil viel gestückelt und auf dem Fußboden gearbeitet werden musste und der Rahmen sich andauernd etwas verschob . . . .Fast zwei Tage kroch ich auf Knien herum, bis das Bild endlich fertig war, d.h. ich musste ein wenig mogeln. Die Zeit reichte nicht mehr aus, um die Barbara transparent einzupassen und den Turm sowie den Kelch habe ich auch weggelassen. Nun denn . . . Zu dritt haben wir dann das Bild im Fenster befestigt.

Nachmittags schauerte es draußen und ich glaubte, das wohl kaum Jemand kommen würde. Es findet ja nicht in dem Räumen statt. Pünktlich hielt der Regen auf . . . Danke Petrus! Der Rolladen wurde um 18h hochgezogen und ein „Ah“ und „Oh“ ertönte. Mir plumpste ein Stein vom Herzen. Zu meiner Überraschung hatten sich viele Leute eingefunden. Ich trug meinen Text über die Legende von Barbara vor und noch ein passendes Gedicht dazu. Liedermappen waren schon verteilt und so sangen wir alle gemeinsam Adventslieder und das Nachbarkind mit ihrer Freundin überraschten mit einem Blockflötenspiel. Glühwein und Kamintee wurden gereicht, dazu gab es eben die Plätzchen und Christstollen und es wurde geplauscht. Ein wunderschönes Gemeinschaftsgefühl war inmitten der Menge und ich war sehr glücklich über diese gelungene Dorfkalender-Adventsfensteröffnung. Die Mühe hatte sich doch gelohnt!


© Ingrid Horn

5 Kommentare:

  1. so wurde es dennoch eine schöne Geschichte - liebe Ingrid, es würde mich nicht wundern wenn gerade in diesem Jahr wo so vieles fehlt was früher selbstverständlich war, keine allzu festliche Advends und Weihnachsstimmung bei vielen Menschen eintreten würde.
    Isolation macht einsam, Rückzug meist auch, denn man kann nichts erzwingen was nicht von selbst aus dem herzen kommt, schon da ist und nur erweckt werden will.
    bei deiner geschchte hat sich das Blatt - vielleicht auch durchs gemeinsame Backen gewendet und die Stimmung war da, einen kleinen Beweis dazu erzählt diese Geschichte...
    dir eine frohe Advendszeit herzlichst angel

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  2. Liebe Angel,
    ja, diese Geschichte war ein absolutes Highlight seinerzeit. Es war regnerisch,
    Petrus hatte ein Einsehen. Ich werde diesen Adventstag niemals vergessen.
    Es kamen so viel mehr Leute, als sonst üblich.
    Ein notgedrungener Rückzug, um dem Virus zu vermeiden, ist unumgänglich. Schließlich wollen wir nicht daran den Löffel abgeben müssen.
    Wir sind zu Zweit, da ist es natürlich einfacher. Für viele andere sieht es anders aus.
    Jeden Tag denke ich an die vielen Menschen, die kein Zuhause haben - wohin können sie gehen? Es ist ein komplexes Thema, man kann es mit wenigen Worten allumfassend beschreiben.
    Andererseits kann ich einige Forderungen einfach nicht nachvollziehen.

    Ich wünsche dir einen besinnlichen und auch fröhlichen Zweiten Advent von ganzem Herzen und sein lieb gegrüßt von
    Ingrid, die sich über deinen Kommentar sehr gefreut hat und dir dankt.

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  3. Liebe Ingrid, solche schönen Geschichten mag ich zur Zeit gern. Bei Kerzenschein in einem warmen Zimmer lesen.
    Erinnerungen die uns diese trübe Zeit, den Umstäneden gezollt,zum Lächeln bringen.
    Ich versuche aus dem Negative, das Positive hervorzuholen. das hast Du auch mit Deiner geschichte gemacht. Ich habe gelächelt beim lesen. Den brauch am barbaratag kenn e ich nicht.
    Heute laufen hier die Kinder am Nikolaus normalerweise, dieses Jahr waren nur drei Kinder da. und trugen ein gedicht vor.
    das ist so, wie der Martinstag in Ostfriesland, am Nikolaus hier.
    Bleibt gesund und munter und lasst Euch nicht unterkriegen.
    Leeve Gröten, Klärchen

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  4. Liebes Klärchen,

    es freut mich sehr, dass du hierher gefunden hast in diesen beschaulichen Tagen. Ja, wie ich bereits schrieb, es ist eine sehr schöne Erinnerung. Es macht mich froh zu wissen, dass du gerne gelesen hast. Ist ja auch der Zweck der Übung. Diese Zeit ist für viele eine Zeit des Umdenkens. Was wir sehr bedauern ist, dass es uns nicht erlaubt ist, innerhalb Deutschland nicht reisen zu dürfen (können). Mein erster Enkel ist gerade 9 Monate alt und das nächste Baby (von meiner anderen Tochter) wird im Januar kommen. Es ist für mich hart, dann zu Hause bleiben zu müssen und wann man das Kind in seinen Armen halten darf, steht in den Sternen. Zu viele Menschen haben ein übersteigertes Ego und es scheint ihnen egal zu sein, wie es anderen ergehen mag, um nicht zu schreiben: sollen sie doch "krepieren" was geht mich das an.
    Das hat nichts mehr mit der Verfassung oder gar mit der Demokratie zu tun, sondern schlichtweg ist es für viele Menschen das Todesurteil. Es werden immer mehr. So halten wir uns sehr zurück und müssen es auch. Denn wir haben immer noch die Hoffnung, dass wir auch in unserem fortgeschrittenem Alter (Horst wird im Januar 87 und ich bin mittig im 77.Lebensjahr) noch unsere Angehörigen besuchen zu können. Wie vielen Leuten mag es ebenso ergehen. Dabei geht es uns gegenüber den Menschen, die starke gebrechliche Probleme haben oder Probleme anderer Art doch noch recht gut. Wenn alle sich an die Regeln konsequent halten würden, wären wir vielleicht schon fast durch mit der Pandemie. China hat es geschafft und es ist unter Kontrolle.
    Wir haben einen schönen zweiten Advent gehabt und danke auch für deine lieben Grüße.
    Ich hoffe, dir geht es auch gut und ich wünsche dir und deinen Lieben noch eine wunderschöne entspannte Adventszeit. Diese Tage laden besonders dazu ein, zu sich selber zu finden und inne zu halten.
    Herzliche Grüße
    Ingrid

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    1. Danke für Deine Antwort, der ich nur zustimmen kann, über das Benehmen einiger Zeitgenossen.
      Ich melde mich noch bei Dir persönlich, bleibt gesund und... Ihr packt das!
      Liebste Grüsse, Klärchen

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